Signifikanztest: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein '''Signifikanztest''' ist ein Werkzeug der [[Wahrscheinlichkeitsrechnung]], mit dem überprüft wird, ob eine getroffene Annahme über eine [[Zufallsvariable]] auf Grundlage einer [[Stichprobe]] beibehalten oder verworfen werden sollte.
Ein '''Signifikanztest''' ist ein Werkzeug der Wahrscheinlichkeitsrechnung, mit dem überprüft wird, ob eine getroffene Annahme über eine [[Zufallsvariable]] auf Grundlage einer [[Häufigkeit#Statistische_Begriffe|Stichprobe]] beibehalten oder verworfen werden sollte.


==Null- und Gegenhypothese==   
==Null- und Gegenhypothese==   
Für die Durchführung eines Signifikanztests werden zwei Hypothesen formuliert:
Für die Durchführung eines Signifikanztests werden zwei Hypothesen formuliert:


* Die '''Nullhypothese''' <math>H_0</math>: Sie beschreibt die Ausgangsannahme über die Zufallsvariable und wird solange als gültig betrachtet, bis sie durch den Test widerlegt wird.
* Die '''Nullhypothese''' <math>H_0</math>: Sie beschreibt die Ausgangsannahme über die [[Zufallsvariable]] und wird solange als gültig betrachtet, bis sie durch den Test widerlegt wird.
* Die '''Gegenhypothese''' <math>H_1</math>: Sie stellt die Alternative zu <math>H_0</math> dar und wird angenommen, wenn genügend Hinweise vorliegen, dass <math>H_0</math> nicht zutrifft.
* Die '''Gegenhypothese''' oder '''Alternativhypothese''' <math>H_1</math>: Sie stellt die Alternative zu <math>H_0</math> dar und wird angenommen, wenn genügend Hinweise vorliegen, dass <math>H_0</math> nicht zutrifft.


==Definition==   
==Definition==   
Ein '''Signifikanztest''' überprüft auf Basis der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariable, ob die Nullhypothese <math>H_0</math> auf einem vorgegebenen '''Signifikanzniveau''' <math>\alpha</math> verworfen wird.   
Ein '''Signifikanztest''' überprüft auf Basis der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer [[Zufallsvariable]], ob die Nullhypothese <math>H_0</math> auf einem vorgegebenen '''Signifikanzniveau''' <math>\alpha</math> verworfen wird.   


* Wird <math>H_0</math> verworfen, spricht man von einem '''signifikanten Ergebnis'''.   
* Wird <math>H_0</math> verworfen, spricht man von einem '''signifikanten Ergebnis'''.   
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Die Zufallsvariable <math>X</math> folgt unter der Nullhypothese einer bekannten Verteilung, z. B. einer [[Binomialverteilung]].   
Die Zufallsvariable <math>X</math> folgt unter der Nullhypothese einer bekannten Verteilung, z. B. einer [[Binomialverteilung]].   


* Wird eine Abweichung nach oben untersucht, so sprechen wir von einem '''rechtsseitigen Signifikanztest'''.
* Wird eine Abweichung nach unten untersucht, so sprechen wir von einem '''linksseitigen Signifikanztest'''.
* Der Bereich, in dem <math>H_0</math> nicht verworfen wird, heißt '''Annahmebereich'''.   
* Der Bereich, in dem <math>H_0</math> nicht verworfen wird, heißt '''Annahmebereich'''.   
* Der Bereich, in dem <math>H_0</math> verworfen wird, heißt '''Verwerfungsbereich'''.   
* Der Bereich, in dem <math>H_0</math> verworfen wird, heißt '''Verwerfungsbereich'''.   
* Der Wert, der den Übergang zwischen Annahme- und Verwerfungsbereich angibt, wird '''kritische Zahl''' genannt.   
* Der Wert, der den Übergang zwischen Annahme- und Verwerfungsbereich angibt und im Annahmebereich liegt, wird '''kritische Zahl''' genannt.   
* Die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis fälschlicherweise im Verwerfungsbereich liegt, wird '''Irrtumswahrscheinlichkeit''' oder '''Signifikanzniveau''' <math>\alpha</math> genannt.
* Die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis fälschlicherweise im Verwerfungsbereich liegt, wird '''Irrtumswahrscheinlichkeit''' oder '''Signifikanzniveau''' <math>\alpha</math> genannt.


==Fehler 1. Art==   
==Fehler 1. Art==   
Ein '''Fehler 1. Art''' tritt auf, wenn die Nullhypothese <math>H_0</math> abgelehnt wird, obwohl sie in Wirklichkeit zutrifft.   
Ein '''Fehler 1. Art (<math>\alpha-Fehler</math>)''' tritt auf, wenn die Nullhypothese <math>H_0</math> abgelehnt wird, obwohl sie in Wirklichkeit zutrifft.   
Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fehler entspricht dem Signifikanzniveau <math>\alpha</math>.
Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fehler entspricht dem Signifikanzniveau <math>\alpha</math>.


==Fehler 2. Art==   
==Fehler 2. Art==   
Ein '''Fehler 2. Art''' tritt auf, wenn die Nullhypothese <math>H_0</math> beibehalten wird, obwohl sie in Wirklichkeit falsch ist.   
Ein '''Fehler 2. Art (<math>\beta-Fehler</math>)''' tritt auf, wenn die Nullhypothese <math>H_0</math> beibehalten wird, obwohl sie in Wirklichkeit falsch ist.   
Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fehler wird mit <math>\beta</math> bezeichnet.
Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fehler wird mit <math>\beta</math> bezeichnet. Dieser kann bei Signifikanztests nicht berechnen werden, da für die Alternativhypothese keine Wahrscheinlichkeit gegeben ist.


==Beispiele==
== Anwendungen ==


===Qualitätskontrolle mit 50 Teilen=== 
*Qualitätskontrollen in der industriellen Fertigung
Es wird eine Stichprobe von <math>n=50</math> Teilen aus der Produktion gezogen. Unter der Nullhypothese wird von einer Fehlerquote <math>p_0=0,02</math> ausgegangen. Es wird mit einem Signifikanzniveau von <math>\alpha=0,05</math> getestet, ob die Maschine fehlerhafter produziert. 
*Risikoabschätzung in Versicherungen
*Analyse von Produktionsprozessen
*Überprüfung von Hypothesen in betriebswirtschaftlichen Modellen


Es ergibt sich für die Zufallsvariable <math>X</math>, die die Anzahl fehlerhafter Teile angibt: 
== Beispiele ==
:<math>X \sim B(50, 0,02)</math> 


Wird in der Stichprobe <math>X=3</math> beobachtet, gilt: 
=== Qualitätskontrolle mit 20 Teilen (Rechtsseitiger Signifikanztest)===
:<math>P(X \ge 3) = 1 - P(X \le 2) = 1 - \sum_{x=0}^2 \binom{50}{x} 0,02^x (0,98)^{50-x} \approx 0,047</math>   
Eine Maschine produziert in Serie Teile. Es wird eine Stichprobe von <math>n=20</math> Teilen gezogen. Die binomialverteilte Zufallsvariable <math>X</math> gibt an, wie viele fehlerhafte Teile in der Stichprobe gefunden wurden.
* Nullhypothese: <math>H_0: p = 0,05</math> (Fehlerquote beträgt 5 %)
* Alternativhypothese: <math>H_1: p > 0,05</math> (Fehlerquote ist größer als 5 %).  


Da diese Wahrscheinlichkeit kleiner als <math>\alpha=0,05</math> ist, liegt das Ergebnis im '''Verwerfungsbereich'''. Die Nullhypothese wird verworfen.
Es soll auf einem Signifikanzniveau von <math>\alpha = 0,05</math> getestet werden, ob die Maschine zu viele fehlerhafte Teile produziert.


===Qualitätskontrolle mit 20 Teilen=== 
'''1. Erwartungswert und Annahmebereich:'''
Eine kleinere Stichprobe umfasst <math>n=20</math> Teile. Unter der Nullhypothese beträgt die Fehlerquote <math>p_0=0,05</math>. Es wird mit einem Signifikanzniveau <math>\alpha=0,05</math> getestet. 


Es werden <math>X=2</math> fehlerhafte Teile gezählt. Dann gilt: 
Der Erwartungswert unter <math>H_0</math> ist
:<math>P(X \ge 2) = 1 - P(X \le 1) = 1 - \left[ \binom{20}{0} 0,05^0 (0,95)^{20} + \binom{20}{1} 0,05^1 (0,95)^{19} \right] \approx 0,264</math>   
:<math>\operatorname{E}(X) = n \cdot p_0 = 20 \cdot 0,05 = 1</math>.  


Da diese Wahrscheinlichkeit größer als <math>\alpha=0,05</math> ist, liegt das Ergebnis im '''Annahmebereich'''. Die Nullhypothese wird nicht verworfen.
Der Annahmebereich umfasst alle Werte <math>k</math>, für die <math>P(X \ge k) > 0,05</math>.
Die kleinste Zahl <math>k</math> mit <math>P(X > k) \le 0,05</math> ist der kritische Wert.
Berechnung: 
:<math>P(X > 3) = 1 - P(X \le 3) \approx 0,043</math> 


===Anwendungen=== 
→ Kritischer Wert: <math>x_{\text{krit}} = 3</math>  
* Qualitätskontrollen in der industriellen Fertigung 
* Annahmebereich: <math>\{0;1;2;3\}</math>  
* Risikoabschätzung in Versicherungen  
* Verwerfungsbereich: <math>\{4;5;\dots;20\}</math>  
* Analyse von Produktionsprozessen  
* Überprüfung von Hypothesen in betriebswirtschaftlichen Modellen  


[[Kategorie:Wahrscheinlichkeitsrechnung]]
'''2. Beobachtung:''' 
<math>X = 2</math>, d. h. in der 20-teiligen Stichprobe wurden 2 fehlerhafte Teile gefunden.
 
'''3. Entscheidung:''' 
Es gilt <math>P(X \ge 2) = 0,265 > 0,05</math>, d. h. die Wahrscheinlichkeit 2 oder mehr fehlerhafte Teile zu finden, ist größer als das Signifikanzniveau <math>\alpha=0,05</math>. Liegt eine Fehlerquote von 5 % vor, ist es nicht ungewöhnlich 2 oder mehr fehlerhafte Teile zu finden. <math>H_0</math> wird nicht verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Annahmebereich getroffen.
 
=== Qualitätskontrolle mit 50 Teilen (Rechtsseitiger Signifikanztest)===
Eine Maschine produziert in Serie Teile. Eine Stichprobe von <math>n=50</math> Teilen wird gezogen. Die binomialverteilte Zufallsvariable <math>X</math> gibt an, wie viele fehlerhafte Teile in der Stichprobe gefunden wurden. 
* Nullhypothese: <math>H_0: p = 0,02</math> (Fehlerquote beträgt 2 %). 
* Alternativhypothese: <math>H_1: p > 0,02</math> (Fehlerquote ist größer als 2 %). 
 
Signifikanzniveau: <math>\alpha = 0,05</math>.
 
'''1. Erwartungswert und Annahmebereich:'''
 
<math>\operatorname{E}(X) = 50 \cdot 0,02 = 1</math> 
 
Berechnung des kritischen Wertes: 
:<math>P(X \ge 3) = 0,047 \le 0,05</math> 
:<math>P(X \ge 2) = 1 - P(X \le 1) \approx 0,264 > 0,05</math> 
 
→ Kritischer Wert: <math>x_{\text{krit}} = 2</math> 
* Annahmebereich: <math>\{0;1;2\}</math> 
* Verwerfungsbereich: <math>\{3;4,\dots;50\}</math> 
 
'''2. Beobachtung:''' 
<math>X = 3</math>, d. h. in der 50-teiligen Stichprobe wurden 3 fehlerhafte Teile gefunden. 
 
'''3. Entscheidung:''' 
Es gilt <math>P(X \ge 3) = 0,047 < 0,05</math>. Damit ist das Ergebnis im Verwerfungsbereich. Unter <math>H_0</math> wäre es eher ungewöhnlich, 3 oder mehr fehlerhafte Teile zu finden. <math>H_0</math> wird verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Verwerfungsbereich getroffen.
 
=== Münzwurf-Experiment (Linksseitiger Signifikanztest)===
Es wird eine Münze <math>n=40</math>-mal geworfen. Die binomialverteilte Zufallsvariable <math>X</math> gibt an, wie häufig Kopf geworfen wird.
* Nullhypothese: <math>H_0: p = 0,5</math> (Die Wahrscheinlichkeit für Kopf ist 50 %, d. h. die Münze ist fair). 
* Alternativhypothese: <math>H_1: p < 0,5</math> (Die Münze fällt seltener auf Kopf). 
 
Signifikanzniveau: <math>\alpha = 0,05</math>.
 
'''1. Erwartungswert und Annahmebereich:'''
 
<math>\operatorname{E}(X) = 40 \cdot 0,5 = 20</math> 
 
Berechnung des kritischen Wertes: 
:<math>P(X \le 14) \approx 0,040 \le 0,05</math> 
:<math>P(X \le 15) \approx 0,081 > 0,05</math> 
 
→ Kritischer Wert: <math>x_{\text{krit}} = 15</math> 
* Verwerfungsbereich: <math>\{0;1;\dots;14\}</math> 
* Annahmebereich: <math>\{15;16;\dots;40\}</math> 
 
'''2. Beobachtung:''' 
<math>X = 14</math>, d. h. bei 40 Würfen trat 14-mal Kopf auf. 
 
'''3. Entscheidung:''' 
Es gilt <math>P(X \le 14) = 0,040 < 0,05</math>. Damit ist das Ergebnis im Verwerfungsbereich. Unter <math>H_0</math> wäre es ungewöhnlich, höchstens 14-mal Kopf zu beobachten. <math>H_0</math> wird verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Verwerfungsbereich getroffen.
 
=== Produktionskontrolle mit Glühlampen (Linksseitiger Signifikanztest)===
Ein Hersteller überprüft die Lebensdauer von Glühlampen. Es gilt <math>n=30</math>. Die binomialverteilte Zufallsvariable <math>X</math> gibt an, wie viele Lampen in der Stichprobe ausfallen. 
* Nullhypothese: <math>H_0: p = 0,1</math> (Die Ausfallrate beträgt 10 %). 
* Alternativhypothese: <math>H_1: p < 0,1</math> (Die Ausfallrate ist kleiner als 10 %). 
 
Signifikanzniveau: <math>\alpha = 0,05</math>.
 
'''1. Erwartungswert und Annahmebereich:'''
 
<math>\operatorname{E}(X) = 30 \cdot 0,1 = 3</math> 
 
Berechnung des kritischen Wertes: 
:<math>P(X \le 0) \approx 0,042 \le 0,05</math> 
:<math>P(X \le 1) \approx 0,150 > 0,05</math> 
 
→ Kritischer Wert: <math>x_{\text{krit}} = 1</math> 
* Verwerfungsbereich: <math>\{0\}</math> 
* Annahmebereich: <math>\{1;2;\dots;30\}</math> 
 
'''2. Beobachtung:''' 
<math>X = 0</math>, d. h. in der 30-teiligen Stichprobe ist keine Lampe ausgefallen. 
 
'''3. Entscheidung:''' 
Es gilt <math>P(X \le 0) = 0,042 < 0,05</math>. Damit ist das Ergebnis im Verwerfungsbereich. Unter <math>H_0</math> wäre es eher ungewöhnlich, dass keine einzige Lampe ausfällt. <math>H_0</math> wird verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Verwerfungsbereich getroffen. 
 
[[Kategorie:Wahrscheinlichkeitsrechnung]]
[[Kategorie:AHR_WuV_Mathe_GK]]
[[Kategorie:AHR_WuV_Mathe_GK]]

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2025, 11:20 Uhr

Ein Signifikanztest ist ein Werkzeug der Wahrscheinlichkeitsrechnung, mit dem überprüft wird, ob eine getroffene Annahme über eine Zufallsvariable auf Grundlage einer Stichprobe beibehalten oder verworfen werden sollte.

Null- und Gegenhypothese

Für die Durchführung eines Signifikanztests werden zwei Hypothesen formuliert:

  • Die Nullhypothese [math]\displaystyle{ H_0 }[/math]: Sie beschreibt die Ausgangsannahme über die Zufallsvariable und wird solange als gültig betrachtet, bis sie durch den Test widerlegt wird.
  • Die Gegenhypothese oder Alternativhypothese [math]\displaystyle{ H_1 }[/math]: Sie stellt die Alternative zu [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] dar und wird angenommen, wenn genügend Hinweise vorliegen, dass [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] nicht zutrifft.

Definition

Ein Signifikanztest überprüft auf Basis der Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsvariable, ob die Nullhypothese [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] auf einem vorgegebenen Signifikanzniveau [math]\displaystyle{ \alpha }[/math] verworfen wird.

  • Wird [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] verworfen, spricht man von einem signifikanten Ergebnis.
  • Wird [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] nicht verworfen, reichen die vorliegenden Daten nicht aus, um [math]\displaystyle{ H_1 }[/math] zu stützen.

Einseitiger Signifikanztest

Beim einseitigen Signifikanztest wird nur eine Abweichung in eine Richtung untersucht. Die Zufallsvariable [math]\displaystyle{ X }[/math] folgt unter der Nullhypothese einer bekannten Verteilung, z. B. einer Binomialverteilung.

  • Wird eine Abweichung nach oben untersucht, so sprechen wir von einem rechtsseitigen Signifikanztest.
  • Wird eine Abweichung nach unten untersucht, so sprechen wir von einem linksseitigen Signifikanztest.
  • Der Bereich, in dem [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] nicht verworfen wird, heißt Annahmebereich.
  • Der Bereich, in dem [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] verworfen wird, heißt Verwerfungsbereich.
  • Der Wert, der den Übergang zwischen Annahme- und Verwerfungsbereich angibt und im Annahmebereich liegt, wird kritische Zahl genannt.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis fälschlicherweise im Verwerfungsbereich liegt, wird Irrtumswahrscheinlichkeit oder Signifikanzniveau [math]\displaystyle{ \alpha }[/math] genannt.

Fehler 1. Art

Ein Fehler 1. Art ([math]\displaystyle{ \alpha-Fehler }[/math]) tritt auf, wenn die Nullhypothese [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] abgelehnt wird, obwohl sie in Wirklichkeit zutrifft. Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fehler entspricht dem Signifikanzniveau [math]\displaystyle{ \alpha }[/math].

Fehler 2. Art

Ein Fehler 2. Art ([math]\displaystyle{ \beta-Fehler }[/math]) tritt auf, wenn die Nullhypothese [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] beibehalten wird, obwohl sie in Wirklichkeit falsch ist. Die Wahrscheinlichkeit für diesen Fehler wird mit [math]\displaystyle{ \beta }[/math] bezeichnet. Dieser kann bei Signifikanztests nicht berechnen werden, da für die Alternativhypothese keine Wahrscheinlichkeit gegeben ist.

Anwendungen

  • Qualitätskontrollen in der industriellen Fertigung
  • Risikoabschätzung in Versicherungen
  • Analyse von Produktionsprozessen
  • Überprüfung von Hypothesen in betriebswirtschaftlichen Modellen

Beispiele

Qualitätskontrolle mit 20 Teilen (Rechtsseitiger Signifikanztest)

Eine Maschine produziert in Serie Teile. Es wird eine Stichprobe von [math]\displaystyle{ n=20 }[/math] Teilen gezogen. Die binomialverteilte Zufallsvariable [math]\displaystyle{ X }[/math] gibt an, wie viele fehlerhafte Teile in der Stichprobe gefunden wurden.

  • Nullhypothese: [math]\displaystyle{ H_0: p = 0,05 }[/math] (Fehlerquote beträgt 5 %).
  • Alternativhypothese: [math]\displaystyle{ H_1: p \gt 0,05 }[/math] (Fehlerquote ist größer als 5 %).

Es soll auf einem Signifikanzniveau von [math]\displaystyle{ \alpha = 0,05 }[/math] getestet werden, ob die Maschine zu viele fehlerhafte Teile produziert.

1. Erwartungswert und Annahmebereich:

Der Erwartungswert unter [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] ist

[math]\displaystyle{ \operatorname{E}(X) = n \cdot p_0 = 20 \cdot 0,05 = 1 }[/math].

Der Annahmebereich umfasst alle Werte [math]\displaystyle{ k }[/math], für die [math]\displaystyle{ P(X \ge k) \gt 0,05 }[/math]. Die kleinste Zahl [math]\displaystyle{ k }[/math] mit [math]\displaystyle{ P(X \gt k) \le 0,05 }[/math] ist der kritische Wert. Berechnung:

[math]\displaystyle{ P(X \gt 3) = 1 - P(X \le 3) \approx 0,043 }[/math]

→ Kritischer Wert: [math]\displaystyle{ x_{\text{krit}} = 3 }[/math]

  • Annahmebereich: [math]\displaystyle{ \{0;1;2;3\} }[/math]
  • Verwerfungsbereich: [math]\displaystyle{ \{4;5;\dots;20\} }[/math]

2. Beobachtung: [math]\displaystyle{ X = 2 }[/math], d. h. in der 20-teiligen Stichprobe wurden 2 fehlerhafte Teile gefunden.

3. Entscheidung: Es gilt [math]\displaystyle{ P(X \ge 2) = 0,265 \gt 0,05 }[/math], d. h. die Wahrscheinlichkeit 2 oder mehr fehlerhafte Teile zu finden, ist größer als das Signifikanzniveau [math]\displaystyle{ \alpha=0,05 }[/math]. Liegt eine Fehlerquote von 5 % vor, ist es nicht ungewöhnlich 2 oder mehr fehlerhafte Teile zu finden. [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wird nicht verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Annahmebereich getroffen.

Qualitätskontrolle mit 50 Teilen (Rechtsseitiger Signifikanztest)

Eine Maschine produziert in Serie Teile. Eine Stichprobe von [math]\displaystyle{ n=50 }[/math] Teilen wird gezogen. Die binomialverteilte Zufallsvariable [math]\displaystyle{ X }[/math] gibt an, wie viele fehlerhafte Teile in der Stichprobe gefunden wurden.

  • Nullhypothese: [math]\displaystyle{ H_0: p = 0,02 }[/math] (Fehlerquote beträgt 2 %).
  • Alternativhypothese: [math]\displaystyle{ H_1: p \gt 0,02 }[/math] (Fehlerquote ist größer als 2 %).

Signifikanzniveau: [math]\displaystyle{ \alpha = 0,05 }[/math].

1. Erwartungswert und Annahmebereich:

[math]\displaystyle{ \operatorname{E}(X) = 50 \cdot 0,02 = 1 }[/math]

Berechnung des kritischen Wertes:

[math]\displaystyle{ P(X \ge 3) = 0,047 \le 0,05 }[/math]
[math]\displaystyle{ P(X \ge 2) = 1 - P(X \le 1) \approx 0,264 \gt 0,05 }[/math]

→ Kritischer Wert: [math]\displaystyle{ x_{\text{krit}} = 2 }[/math]

  • Annahmebereich: [math]\displaystyle{ \{0;1;2\} }[/math]
  • Verwerfungsbereich: [math]\displaystyle{ \{3;4,\dots;50\} }[/math]

2. Beobachtung: [math]\displaystyle{ X = 3 }[/math], d. h. in der 50-teiligen Stichprobe wurden 3 fehlerhafte Teile gefunden.

3. Entscheidung: Es gilt [math]\displaystyle{ P(X \ge 3) = 0,047 \lt 0,05 }[/math]. Damit ist das Ergebnis im Verwerfungsbereich. Unter [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wäre es eher ungewöhnlich, 3 oder mehr fehlerhafte Teile zu finden. [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wird verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Verwerfungsbereich getroffen.

Münzwurf-Experiment (Linksseitiger Signifikanztest)

Es wird eine Münze [math]\displaystyle{ n=40 }[/math]-mal geworfen. Die binomialverteilte Zufallsvariable [math]\displaystyle{ X }[/math] gibt an, wie häufig Kopf geworfen wird.

  • Nullhypothese: [math]\displaystyle{ H_0: p = 0,5 }[/math] (Die Wahrscheinlichkeit für Kopf ist 50 %, d. h. die Münze ist fair).
  • Alternativhypothese: [math]\displaystyle{ H_1: p \lt 0,5 }[/math] (Die Münze fällt seltener auf Kopf).

Signifikanzniveau: [math]\displaystyle{ \alpha = 0,05 }[/math].

1. Erwartungswert und Annahmebereich:

[math]\displaystyle{ \operatorname{E}(X) = 40 \cdot 0,5 = 20 }[/math]

Berechnung des kritischen Wertes:

[math]\displaystyle{ P(X \le 14) \approx 0,040 \le 0,05 }[/math]
[math]\displaystyle{ P(X \le 15) \approx 0,081 \gt 0,05 }[/math]

→ Kritischer Wert: [math]\displaystyle{ x_{\text{krit}} = 15 }[/math]

  • Verwerfungsbereich: [math]\displaystyle{ \{0;1;\dots;14\} }[/math]
  • Annahmebereich: [math]\displaystyle{ \{15;16;\dots;40\} }[/math]

2. Beobachtung: [math]\displaystyle{ X = 14 }[/math], d. h. bei 40 Würfen trat 14-mal Kopf auf.

3. Entscheidung: Es gilt [math]\displaystyle{ P(X \le 14) = 0,040 \lt 0,05 }[/math]. Damit ist das Ergebnis im Verwerfungsbereich. Unter [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wäre es ungewöhnlich, höchstens 14-mal Kopf zu beobachten. [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wird verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Verwerfungsbereich getroffen.

Produktionskontrolle mit Glühlampen (Linksseitiger Signifikanztest)

Ein Hersteller überprüft die Lebensdauer von Glühlampen. Es gilt [math]\displaystyle{ n=30 }[/math]. Die binomialverteilte Zufallsvariable [math]\displaystyle{ X }[/math] gibt an, wie viele Lampen in der Stichprobe ausfallen.

  • Nullhypothese: [math]\displaystyle{ H_0: p = 0,1 }[/math] (Die Ausfallrate beträgt 10 %).
  • Alternativhypothese: [math]\displaystyle{ H_1: p \lt 0,1 }[/math] (Die Ausfallrate ist kleiner als 10 %).

Signifikanzniveau: [math]\displaystyle{ \alpha = 0,05 }[/math].

1. Erwartungswert und Annahmebereich:

[math]\displaystyle{ \operatorname{E}(X) = 30 \cdot 0,1 = 3 }[/math]

Berechnung des kritischen Wertes:

[math]\displaystyle{ P(X \le 0) \approx 0,042 \le 0,05 }[/math]
[math]\displaystyle{ P(X \le 1) \approx 0,150 \gt 0,05 }[/math]

→ Kritischer Wert: [math]\displaystyle{ x_{\text{krit}} = 1 }[/math]

  • Verwerfungsbereich: [math]\displaystyle{ \{0\} }[/math]
  • Annahmebereich: [math]\displaystyle{ \{1;2;\dots;30\} }[/math]

2. Beobachtung: [math]\displaystyle{ X = 0 }[/math], d. h. in der 30-teiligen Stichprobe ist keine Lampe ausgefallen.

3. Entscheidung: Es gilt [math]\displaystyle{ P(X \le 0) = 0,042 \lt 0,05 }[/math]. Damit ist das Ergebnis im Verwerfungsbereich. Unter [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wäre es eher ungewöhnlich, dass keine einzige Lampe ausfällt. [math]\displaystyle{ H_0 }[/math] wird verworfen. Diese Entscheidung wird für alle Werte im Verwerfungsbereich getroffen.